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Zuletzt aktualisiert am 20. April 2025

Online-Bestellung oder Telefonvertrag widerrufen? Das gilt in der Schweiz

Schnell ist am Telefon oder mit einem Klick im Internet ein Vertrag abgeschlossen. Doch was, wenn Sie es sich anders überlegen? Gibt es ein allgemeines Rücktritts- oder Widerrufsrecht wie oft in anderen Ländern? Die Rechtslage in der Schweiz unterscheidet sich hier in wichtigen Punkten.

Auf einen Blick

  • Kein generelles Widerrufsrecht: In der Schweiz sind online oder telefonisch abgeschlossene Verträge grundsätzlich verbindlich.

  • Ausnahmen nur bei bestimmten Vertragstypen: Widerrufsrechte bestehen z. B. bei Haustürgeschäften, Konsumkreditverträgen oder Privatversicherungen.

  • AGB prüfen: Viele Anbieter gewähren freiwillige Rückgaberechte – sie gelten nur, wenn sie explizit in den AGB geregelt sind.

Kein allgemeines Widerrufsrecht bei Online- und Fernabsatzgeschäften

Anders als in der Europäischen Union, wo für Online- und Fernabsatzgeschäfte ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen besteht, kennt das Schweizer Obligationenrecht (OR) kein allgemeines gesetzliches Widerrufs- oder Rücktrittsrecht für Verträge, die online oder am Telefon abgeschlossen werden.

Das bedeutet: Haben Sie einen Kaufvertrag in einem Schweizer Online-Shop abgeschlossen oder am Telefon einer Leistung zugestimmt, sind Sie grundsätzlich an diesen Vertrag gebunden. "Gekauft ist gekauft" trifft in der Schweiz in vielen Fällen zu.

Ausnahmen: Wann besteht doch ein Widerrufsrecht?

Obwohl es kein allgemeines Recht gibt, sieht das Schweizer Recht in bestimmten, eng definierten Situationen ein Widerrufsrecht vor, um Konsumenten zu schützen:

  • Haustürgeschäfte (Art. 40a ff. OR): Ein Widerrufsrecht besteht bei Verträgen über CHF 100, die im Rahmen einer Überrumpelungssituation abgeschlossen wurden. Dazu gehören Verträge, die an Ihrem Arbeitsplatz, in Ihrer Wohnung, auf offener Strasse oder in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie auf Werbefahrten oder ähnlichen Anlässen geschlossen werden. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2016 fallen darunter explizit auch Verträge, die am Telefon zustande kommen, sofern der Betrag über CHF 100 liegt. Die Widerrufsfrist beträgt hier 14 Tage ab dem Zeitpunkt, an dem Sie über Ihr Widerrufsrecht informiert wurden.
  • Konsumkreditverträge (KKG): Für bestimmte Konsumkreditverträge, Leasingverträge und Kredit- oder Kundenkarten mit Kreditoption (sofern sie unter das Konsumkreditgesetz fallen) besteht ebenfalls ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen nach Erhalt der Vertragskopie.
  • Versicherungsverträge (VVG): Seit dem 1. Januar 2022 besteht für die meisten Privatversicherungsverträge ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Die Frist beginnt zu laufen, sobald Sie den Antrag gestellt oder die Annahme erklärt haben und über das Widerrufsrecht informiert wurden. Ausgenommen sind unter anderem kollektive Personenversicherungen und Verträge mit sehr kurzer Laufzeit (weniger als ein Monat).
  • Weitere gesetzliche Ausnahmen: Für einige wenige weitere Vertragstypen (z.B. Ehe- oder Partnerschaftsvermittlungsverträge) sieht das Gesetz ebenfalls ein Widerrufsrecht vor.

Freiwilliges Rückgaberecht des Anbieters (AGB)

Viele Online-Shops oder Anbieter von Dienstleistungen mit Sitz in der Schweiz gewähren ihren Kunden freiwillig ein Rückgabe- oder Widerrufsrecht. Dieses Recht ist dann nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern basiert auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des jeweiligen Anbieters.

Es ist daher unerlässlich, vor einem Online-Kauf oder dem Abschluss eines telefonischen Vertrags die AGB genau zu prüfen. Dort finden Sie Informationen darüber, ob ein Rückgaberecht besteht, wie lange die Frist ist und unter welchen Bedingungen (z.B. Ware ungebraucht, Originalverpackung, wer trägt die Kosten für die Rücksendung).

Kein Widerrufsrecht: Wie komme ich aus dem Vertrag?

Wenn kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht und der Anbieter auch kein freiwilliges Rückgaberecht in seinen AGB einräumt, sind Sie grundsätzlich an den Vertrag gebunden. Ein vorzeitiger Ausstieg ist dann nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich:

  • Ordentliche Kündigung: Wenn der Vertrag eine feste Laufzeit hat, können Sie ihn in der Regel erst auf Ende dieser Laufzeit unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist beenden. Bei unbefristeten Verträgen gelten die vereinbarten Kündigungsfristen.
  • Ausserordentliche Kündigung: Nur in Ausnahmefällen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar macht, ist eine fristlose Kündigung möglich.
  • Einigung mit dem Anbieter: Sie können jederzeit versuchen, sich mit dem Anbieter einvernehmlich auf eine Auflösung des Vertrags zu einigen.

Fazit

In der Schweiz gibt es kein allgemeines gesetzliches Widerrufsrecht für alle online oder am Telefon abgeschlossenen Verträge. Sie sind grundsätzlich an abgeschlossene Verträge gebunden. Ein Widerrufsrecht besteht nur bei Haustürgeschäften (inkl. Telefon bei Beträgen über CHF 100), bestimmten Konsumkredit- und Leasingverträgen sowie neu auch bei den meisten Versicherungsverträgen oder wenn der Anbieter freiwillig ein Rückgaberecht in seinen AGB gewährt. Prüfen Sie deshalb vor dem Abschluss immer die AGB und nutzen Sie Ihr Widerrufsrecht, wenn es in den gesetzlich vorgesehenen Fällen besteht.

JUSTIS Rechtsschutz-Tipp

Wenn Sie einen Vertrag online oder am Telefon abgeschlossen haben, prüfen Sie immer die AGB und Ihr Widerrufsrecht. Wir unterstützen Sie dabei, unfaire Klauseln zu erkennen und helfen, wenn Anbieter sich querstellen – schnell, einfach und rechtssicher.

Gepostet am 20. April 2025