Warum eine Patientenverfügung Sinn macht? Ein Beispiel aus unserem Arbeitsalltag.
Rettungssanitäter werden zu einer Patientin gerufen, deren Zustand sich seit mehreren Tagen zunehmend verschlechtert. Die Frau, eine Dame höheren Alters ist nicht richtig ansprechbar. Die Angehörigen teilen den Rettungssanitätern mit, dass die Frau mehrmals den Wunsch geäussert habe, bei einer Verschlechterung ihres Zustandes nicht mehr ins Spital gebracht zu werden und zu Hause sterben zu können. Der Leiter der Rettungssanitäter trifft nach einem Gespräch mit den Angehörigen der Frau den Entscheid dem Wunsch der Frau nachzukommen. Gleichzeitig weist er die Angehörigen an, eine 24 Stunden Pflege der Spitex zu organisieren, was diese auch tun. Die Patientin stirbt wenige Stunden danach zuhause. Eine Woche später erhält der Leiter der Rettungssanitäter eine Vorladung bei der Staatsanwaltschaft zu einer Strafuntersuchung. Ihm wird eine „Widerhandlung gegen die Gesundheitsverordnung“ vorgeworfen.
Hätte die Frau ihren Wunsch, im Notfall keine lebensverlängernden gesundheitlichen Massnahmen zu erhalten und zuhause sterben zu wollen, mit einer Patientenverfügung geregelt, wäre der Fall für alle Beteiligten klar gewesen. Der Leiter der Rettungssanitäter wäre so auch in keine Strafuntersuchung verwickelt worden. Liegt keine schriftliche Patientenverfügung vor und stützt sich der Entscheid lediglich auf die Äusserungen der nahen Verwandten, wird der Fall komplizierter. Insbesondere dann, wenn nicht alle Verwandten übereinstimmend erklären, dass die Dame keine lebenserhaltenden Massnahmen ergriffen haben wollte. In einem solchen Fall muss vor Gericht entschieden werden, ob der Rettungssanitäter gegen die Gesundheitsverordnung verstossen hat.
Gepostet am 7. Dezember 2016